Später Aufbruch zu Pina Bausch

Pina Bausch – eine Kultfigur sollte politisch verscherbelt werden? Das ging mir gegen den Strich. Pina Bausch – ein Kind Solingens, das mit einer meiner Institutsmitarbeiterinnen als Kind gespielt hatte – wie eine Vertriebene von Bürgern ihrer Geburtsstadt verachtet? Das lockte in mir der Stachel gegen den Mief.

Ob Tänzerin oder Künstlerin einer anderen Gattung, darum ging es mir zunächst gar nicht; diese ihre Stadt hatte auch nach ihrem Tod den Schatz, den sie mit ihrem Werk weltweit geschaffen hatte, noch nicht erkannt. Allerdings tröstete und versöhnte mich schließlich, dass sich immer mehr Bürger aller politischen Schattierungen fanden, die Bewunderer der Tänzerin und Choreographin Pina Bausch (geboren am 27.7.1940 in Solingen, verstorben am 30.6.2009 in Wuppertal) sind. Pina (eigentlich: Philippina), das kleine Mädchen von der Focher Straße am Central, war eine Bergische, die trotz Weltkarriere im Bergischen Land beheimatet blieb.

Heute weiß ich, dass es richtig, vielleicht sogar notwendig, war, mit einem kleinen Eklat die politische Klemme zu sprengen, in die das Bezirksparlament des Stadtteils Wald sich durch eine MarktplatzUmbenennungsAkrobatik getrieben hatte. Ein konservativer Politiker (PS) und ein ehemals kommunistischer, grüner Politiker (FK) gründeten gemeinsam mit einem überregional bekannten und erfolgreichen Unternehmer (Johannes Dinnebier, Lichtmanufaktur) im Lichtturm Solingens den Pina-Bausch-Freundeskreis-Solingen e.V. Der fotografierte Handschlag zweier konkurrierender Politiker, die sich die bürgerliche Freiheit nahmen, einer Figur des künstlerischen Lebens die Ehre zu erweisen, blieb manch einem wie eine Ohrfeige gegen die Ignoranz in Erinnerung – zeigt er doch, dass sich die Kultur der politischen Vereinnahmung verweigert.

Aufbruch und Aufbrechen stehen in einem engen Zusammenhang; wie sollte Pina Bausch neue Wege des Tanztheaters gehen, ohne anzuecken? Ist nicht das Stöhnen der stillgelegten Muskulatur ein Indiz dafür, dass Bewegung notwendig ist? In der Literatur ist längst belegt, dass Pina Bausch wichtige Schritte der Weiterentwicklung des Tanztheaters vollzog. Solingen darf stolz sein, beispielsweise mit dem Titel „Café Müller“ im Werk Pina Bauschs zitiert zu werden.

Der Pina-Bausch-Freundeskreis-Solingen e.V. hat sich zur Aufgabe gemacht, Kindheit und Jugend der Pina/Philippina in Solingen anhand von Interviews und Befragungen nachzuzeichnen, die Erinnerung an sie in Schulen und Kulturinstituten Solingens wach zu halten und entsprechende Aktivitäten und wissenschaftliche Arbeiten zu fördern und gegebenenfalls zu unterstützen, außerdem neue Kenntnisse zu ihrem Werk angemessen zu verbreiten.

Pina Bausch fördert das Ansehen der Klingenstadt und Integrationsstadt Solingen in der Welt.

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